Am Anfang des Jahres hatten wir ja alle gehofft, dass das Jahr 2022 mit seinen ganzen Einschränkungen und Auswirkungen (Corona, Krieg, Inflation) der Vergangenheit angehört. Im Laufe des Jahres 2023 hat sich auch das Meiste normalisiert:
Viele Festivals und Konzerte wurden nachgeholt, allerdings spüren wir zum Jahresende doch wieder, dass es Corona immer noch gibt. Und auch die Inflation hat uns nach wie vor fest im Griff. Das merkt man auch bei den Preisen für CDs, LPs und Konzertkarten.
Als es plötzlich wieder los ging mit den Live-Veranstaltungen, waren wir noch gar nicht so weit und haben den einen oder anderen Künstler verpasst. Zu den gefeierten Stars gehörten u.a. der großartige Cat Stevens, der nicht nur viele seiner Hits aus den 60er und 70er Jahren mitbrachte, sondern auch ganz viel gute Laune. Für die jungen Fans war es dagegen sicher der Mann mit der Maske, CRO.
Er beglückte seine Fans in der ausverkauften Parkbühne in der Wuhlheide. Aber alles überragt haben wieder einmal die Berliner Musiker von RAMMSTEIN mit ihren Shows im Olympia Stadion. Wer hätte gedacht, dass sie es schaffen, mit ihrem sperrigen Industrial-Rock als dritte deutsche Band nach KRAFTWERK und den SCORPIONS zu Welt-Stars aufzusteigen? Und das, trotz der Skandale?! Oder war es gerade das, was viele Menschen reizte, sie einmal live zu sehen? Jedenfalls wird es nächstes Jahr Zugaben gebe. Allerdings in anderen Stadien, denn die größten Arenen stehen nicht zur Verfügung, 2024 ist nämlich das Jahr mit der Fußball-Europameisterschaft!
Am meisten beeindruckt haben im abgelaufenen Jahr die Auftritte von vielen in Deutschland bisher völlig unbekannten Country-Sängern.
Vor allem auf den kleinen Bühnen der Stadt. Los ging es im März mit Morgan Evans, einem australischen Country-Sänger im Frannz Club. Im Mai folgte das Duo EVERETTE im Maschinenhaus. Im September kam der Singer-Songwriter Joshua Ray Walker mit seinem neuen Album „What is it even?“ im Gepäck in den Privatclub. Ganz allein, nur mit seiner Gitarre bewaffnet, saß er da auf der Bühne und brachte vor allem die Songs seiner anderen Alben zu Besten. Obwohl der Privatclub nun wirklich keine große Bühne bietet, war dieses Konzert eines der Highlights des Jahres. Wie mögen die Songs erst klingen, wenn er sie mit seiner Band darbietet? Vielleicht können wir das ja 2024 erleben.
Ein weiteres großartiges Konzert folgte nur wenige Tage später mit Randall King im Kesselhaus. Wer den Mann jetzt verpasst haben sollte, der kann ihn bereits im März 2024 im Rahmen des „C2C“-Festivals live erleben. Wer auf „richtige“ Country-Musik steht, der bekommt von ihm die volle Packung geboten. Übrigens: das nächst Album steht bereits in den Startlöchern. „Into the Neon“ erscheint am 26. Januar 2024.
Die Musikerin, die am Meisten überraschte, war die Singer-Songwriterin Jaime Wyatt.
Mit ihrem 3. Album „Feel Good“ sollte der 38-jährigen endlich der Durchbruch gelingen. Es wäre auf jeden Fall verdient. Zu den deutschen „Neuentdeckungen“ gehört ebenfalls eine großartige Sängerin: AnnA R., bekannt und erfolgreich mit Rosenstolz, Gleis8 und als Gastsängerin von Silly. Insofern ja eigentlich gar keine Debütantin. Allerdings eben als Solo-Künstlerin.
Ein weiteres Album das mich begeisterte, stammt von WEB MAX, der Band um die beiden musikalischen Köpfe Max Herre und Roberto DiGioia.
Völlig untypisch gingen sie nur wenige Tage nach Album-Veröffentlichung bereits auf Tour mit dem neuen Song-Material. Die Fans haben es teilweise gar nicht geschafft, sich das neue Material vorher anzuhören. Und trotzdem herrschte so ein Ansturm in Berlin, dass das Konzert mit 20 Minuten Verspätung los ging.
Die australische Band um die beiden Teskey Brothers schaffte es mit ihrem 3. Studio-Album „The Winding Way“, wieder an das Niveau ihres Debüt-Albums anzuknüpfen.
Großartig! Außerdem konnten sie sich damit weiter als eine der besten Blues- und Soul-Bands weltweit etablieren. Im Herbst 2024 wollen sie dann auch wieder nach Deutschland kommen. Da darf man gespannt sein, ob die Verti Music Hall mit ihren 4.500 Plätzen noch ausreicht. Wenn man auf facebook ihre Erfolgsgeschichte verfolgt, darf man das wohl bezweifeln….
Das genaue Gegenteil dieser Erfolgsgeschichte stellt der britische Sänger Keir dar.
Nach einer vielversprechenden EP 2020 und einem spektakulären Auftritt im Privatclub (ebenfalls 2020), waren die Erwartungen für das Debüt-Album natürlich entsprechend hoch. Vor allem der Live-Auftritt mit dieser unglaublichen Performance hatte diese hohen Erwartungen geweckt. Da dachte man schon, hier steht der neue David Bowie vor einem. War jetzt die dreijährige Pause zu lang? Oder der Erwartungsdruck zu hoch? Was mag da in der Zwischenzeit bloß passiert sein…?
Meine Alben des Jahres 2023 sind:
Platz 1: JAIME WYATT – Feel Good
Platz 2: THE TESKEY BROTHERS – The Winding Way
Platz 3: WEB MAX – Web Max II
Platz 4:: AnnA R. – Königin
Platz 5: CHASE RICE – I hate Cowboys & All Dogs go to Hell
Auf den weiteren Plätzen folgen:
ELVIE SHANE – Backslider // MAX RAABE & Palast-Orchester – Mir ist so nach Dir // JASON ALDEAN – Highway Desperado // DUSTIN LYNCH – Killed the Cowboy // VAYA CON DIOS – Shades Of Joy // ELLE KING – Come Get Your Wife // MIA AEGERTER – Bye, bye, mein altes ich// THE ROLLING STONES – Hackney Diamonds // EVERETTE – Kings of the Dairy Queen Parking Lot // BEN ZUCKER – Heute nicht! // JOY DENALANE – Willpower // BLACK PUMAS – Chronicles of a Diamond
Kinderlieder:
Honigkuchenpferde – Für alle!
Debüt des Jahres:
AnnA R.
Enttäuschung des Jahes:
KEIR // The BossHoss – Electric Horsemen
Soundtrack des Jahres:
Guardians of the Galaxy
Entdeckung des Jahres:
JAIME WYATT
JOSHUA RAY WALKER
ELVIE SHANE
EVERETTE
RANDALL KING
WEB MAX
© Christian Behring im Dezember 2023