28. April 2024
"Nina ATTAL", Konzert, Quasimodo, Berlin, 12.10.2018

Musikalischer Rückblick 2018

Was bleibt hängen aus diesem Jahr? Welche Musiker oder Bands haben mit ihren Alben überzeugt, wer hat eher enttäuscht? Welche musikalischen Neuentdeckungen gab es 2018?

Irgendwie fällt es mir dieses Jahr schwer, einen einzigen Interpreten, ein einziges Album oder den einen Hit des Jahres zu benennen.

Endgültig auf der großen Bühne angekommen ist dieses Jahr aber eine deutsche Band aus dem Nordosten, aus einer Gegend, in der sich sonst eher Fuchs und Hase gute Nacht sagen: FEINE SAHNE FISCHFILET.

Mit ihrem Album STAUB & DRECK haben sie zu Beginn des Jahres 2018 nicht nur die Album-Charts erobert, sie waren Thema in den Feuilletons der großen Tageszeitungen und landeten auf den Titelseiten der Musikmagazine. Die Konzerte zwischen Steiermark und Mecklenburg waren fast alle ausverkauft, in Berlin war sogar die Zusatzshow in der Columbiahalle ausverkauft!

Als Krönung gab`s zum Jahresende auf 3SAT einen Konzertmitschnitt aus dem Brauhaus Dessau zu sehen. Musiker, die allen Anfeindungen zum Trotz so eindeutig politisch Stellung beziehen und dann auch noch erfolgreich sind, gab es lange nicht in Deutschland.

Ein anderer Musiker, der dieses Jahr den Sprung in die erste Liga schaffte, ist Ben Zucker.

Zum Jahresanfang ging er das erste Mal auf Tour. Da bespielte er noch die kleineren Clubs wie das Berliner Columbia Theater, zum Jahresende war es dann schon die viel größere Columbiahalle und 2019 will er die ganz großen Hallen wie die Berliner Mercedes-Benz Arena und die Open-Air-Arenen füllen.

Überhaupt muß man feststellen, dass sich der Schlager auf einem Höhenflug befindet, der vor einigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre.

Ungekrönte Königin ist natürlich Helene Fischer. Zum dritten Mal in Folge steht sie zum mit einem Album an der Spitze der Jahres-Charts. Mit den Einnahmen aus ihren Stadion- und Hallentouren schaffte sie sogar den Sprung auf Platz 4 der weltweit bestverdienenden Künstler.

Neue Erfolgsrekorde erzielte auch Roland Kaiser. Erstmals in seiner Karriere spielte er in der Waldbühne vor 22.000 Fans und auch das Konzert in der Mercedes-Benz Arena im Dezember war zum ersten Mal ausverkauft (Den Mitschnitt zeigt der rbb am 28.12.2018 um 20.15 Uhr).

Roland KAISER, Konzert, Mercedes-Benz Arena, Berlin, 01.12.2018
„Roland Kaiser“, Konzert in der Mercedes-Benz Arena, Berlin, 01.12.2018, (Am Freitag, 28. Dezember 2018 um 20.15 Uhr im rbb-Fernsehen)

Meine persönlichen Konzert-Highlights

…im abgelaufenen Jahr waren das von FEINE SAHNE FISCHFILET in der Columbiahalle, ALEXA FESER in der Passionskirche und NINA ATTAL im kleinen Quasimodo. Noch nie habe ich so viele Menschen beim Crowd Surfing oder Stage Diving gesehen wie bei Feine Sahne.

Totaler Kontrast dazu war das sehr intime Konzert von Alexa Feser in der Passionskirche. Nur Klavier und vier Streicher als Begleitung bildeten den Rahmen für ein eher intimes Konzert.

Nina Attal spielte in einem der kleinsten Clubs, im altehrwürdigen Quasimodo. Die kleine französische Sängerin und Gitarristin ist aber eine Powerfrau, die auch gut auf die großen Bühnen passen würde und auch dort die Fans mitreißen würde. Die 90 Minuten bleiben noch lange im Gedächtnis haften. Das Konzert in dem kleinen Club war für mich das absolute Highlight!

Nina ATTAL, Konzert, Quasimodo, Berlin, 12.10.2018
„Nina Attal“, Konzert im Quasimodo, Berlin, 12.10.2018

Obwohl nur Support von Rick Astley, war der Auftritt von Elise LeGrow auch sehr beeindruckend. Die Frau hat einfach eine tolle Ausstrahlung und Bühnenpräsenz. Leider war ihr Album nicht so überzeugend. Einige großartige Interpretationen, aber auch einige Songs, die überhaupt nicht zu ihr passen.

 

Meine Alben des Jahres 2018 sind:

FeineSahneFischfilet, Albumcover, Sturm Und Dreck

Platz 1: Feine Sahne Fischfilet – „STURM & DRECK“

Platz 2 ex-aequo: The Boxer Rebellion – „Ghost Alive“

ex-aequo: The Gardener And The Tree – „69591, LAXÅ“

Platz 4: Nakhane – „YOU WILL NOT DIE“

Platz 5: Tina Dico – „FASTLAND“

Platz 6: Marianne Faithful – „Negative Capability“

Platz 7: Larkin Poe – „VENOM & FAITH“

Platz 8: Johannes Falk – „Von Mücken und Elefanten“

Platz 9: Rick Astley – „Beautiful Life“

Platz 10: Eagle-Eye Cherry – „Streets Of You“

2018, Jahresrueckblick_Album_Cover

Auf den weiteren Plätzen 11 – 20 folgen:

Martin Kälberer – „Baltasound“ / Benne – „Im Grossen Und Ganzen“ / Riopy – „Riopy“ / Kadebostany – „Monumental“ / Fouge „A PRIMO“ / Kovacs  – „Cheap Smell“ / The BossHoss – „Black Is Beautiful“ / Boy George – „Life“ / Andreas Kümmert – „Lost And Found“ / Alvaro Soler – „Mar De Colores“

Nach Kategorien sortiert sind dies meine Album-Favoriten:

Debüt des Jahres deutsch: BENNE – „IM GROSSEN UND GANZEN“

Debüt des Jahres international: Nakhane – „YOU WILL NOT DIE“

Comeback des Jahres: Eagle-Eye Cherry – „Streets Of You“

Alterswerk: Marianne Faithful – „Negative Capability“

Punk-Rock-Album: Feine Sahne Fischfilet – „STURM & DRECK“

Indie-Rock-Album: The Boxer Rebellion – „Ghost Alive“

Indie-Folk-Album: The Gardener And The Tree – „69591, LAXÅ“

Latin-Pop-Album: Alvaro Soler – „Mar de Colores“

Blues-Rock-Album: Larkin Poe – „VENOM & FAITH“

Jazz-Album: Martin Kälberer – „Baltasound“

Instrumental- / Zeitgenössisches Klassik-Album: RIOPY

Klassik-Album: Sonya Yoncheva – „The Verdi Album“

Weihnachts-Album: Sund Yard – „Weihnachtslieder“

Soundtrack des Jahres: „DER NUSSKNACKER UND DIE VIER REICHE“

Sampler des Jahres: „LATIN FLAVOUR CLUB“

Zu meinen Enttäuschungen des Jahres

…zählt leider das Debüt-Album der live so großartigen Elise LeGrow („Playing Chess“). Deaf Havana haben mich mit „Rituals“ auch nicht vom Hocker gerissen, sondern eher runterrutschen lassen. James Bays „Electric Light“-Album hab ich irgendwie auch nicht verstanden. Da wollte wohl ein Musiker der Welt mal wieder mehr beweisen als ihm gut tat.

Und dann gibt es da auch noch diesen deutschen Sänger Daniel Caccia, der gerne in die Fußstapfen von Roger Cicero treten möchte. Man könnte auch andersrum sagen, die ehemalige Band von Roger Cicero hat sich einen neuen Sänger gesucht, um genau so weiter zu machen wie bisher. Aber an dem Album beweist sich mal wieder, dass Menschen nicht 1:1 ersetzt werden können.

© Christian Behring im Dezember 2018