In den letzten Jahren war es ziemlich ruhig geworden um die norwegische Singer-Songwriterin ANE BRUN. Aber dafür meldet sie sich jetzt gleich mit zwei neuen Alben zurück. Im Abstand von nur vier Wochen erschienen die Alben „After The Great Storm“ (am 30.10.2020) und „How Beauty Holds The Hand Of Sorrow“ (am 27.11.2020). Fans der skandinavischen Musikerin kommen also auf ihre vollen Kosten. Und bei dem Lob, das es schon von Kritikerseiten dafür gab („Album der Woche“ bei radioeins), wird sie vermutlich reichlich Fans dazugewinnen. Und das zu Recht.
Dass sie zum Besten, was aus Norwegen kommt, gehört, hat sich bei Fans von Singer-Songwriter-Music und Indie-Pop schon längst herumgesprochen.
Durch ihre regelmäßigen Konzertauftritte hat sie auch hierzulande eine stetig wachsende Fangemeinde. In Berlin konnte man sie beispielsweise schon 2011 erleben, als sie ein Konzert im Babylon gab. Im Gepäck hatte sie dabei ihr hervorragendes Album „It All Starts With One“ (Nummer Eins in Schweden und Norwegen) und den für sie eher ungewöhnlichen Indie-Pop-Hit „Do You Remember“. Dabei wurde sie unterstützt von skandinavischen Hochkarätern wie FIRST AID KIT, Martin Hederos und Jose Gonzalez. Nach der Veröffentlichung ihres umjubelten Albums „When I’m Free“ im Jahr 2015 wurde es jedoch plötzlich sehr still um die inzwischen in Stockholm lebende Musikerin.
Für das lange Warten gibt es jedoch einen sehr triftigen, sehr persönlichen Grund:
„Making an Album always involved digging deep into myself“, so Ane Brun. „I deal with everything that happens in my life – relationships, changes, challenges – through writing music. But when my father passed away in 2016 I neither could, nor wanted to. It was a strange experience: I’m a very process-and-digest kind of person. I work on my issues, and I move forward. But, in the grief of losing a parent, it didn’t work. I couldn’t find the right tools in my toolbox, and there was no solution. My father was gone. It took me some time to understand that time itself was the key.” Annähernd drei Jahre hat sie gebraucht, den Verlust zu verarbeiten.
Erst im Sommer 2019, als sie sich in eine Hütte in den norwegischen Bergen zurückzog, fand sie ihre Kreativität wieder. Dort konnte sie sich frei entfalten und ihre Ideen sprudelten nur so aus ihr heraus. So entstanden innerhalb von drei Wochen fast alle Songs der beiden Alben.
„I had a list of topics, ideas and sketches written down and worked my way through them, one by one. And on the day when that last idea on the list became a finished song, I closed the door and knew I had nothing more I needed to say. It was an almost physical feeling. I felt simultaneously empty and fulfilled…“
Die Energie nutzte sie, um nach der Rückkehr sogleich die Songs im Studio einzuspielen.
Die Aufnahmen entstanden ab Herbst 2019 in den Stockholmer Atlantis Studios, im Studio Bruket und in ihren eigenen Balloon Ranger Studios. Produziert hat sie die Alben gemeinsam mit Anton Sundell und Martin Hederos. Martin Hederos ist bei einigen Songs auch Ko-Autor. Anfang 2020 waren alle Songs im Kasten: 18 Tracks, wobei „Don`t Run And Hide“ in zwei Versionen eingespielt wurde. Die ursprüngliche Idee, ein Doppelalbum einzuspielen, wurde am Ende allerdings verworfen. Stattdessen wurden die 18 Tracks auf zwei getrennte Alben separiert. Das elektronischere „After The Great Storm“ fokussiert ihre kristallklare, ergreifende Stimme, die von elektronischen und analogen Texturen umgarnt wird. Es dürfte diejenigen begeistern, die ihre ständigen stilistischen Neuerfindungen mögen. „How Beauty Holds The Hand Of Sorrow“ dagegen dürfte denjenigen vertrauter sein, die sich an Ane Brun als die emotionale, gitarrenspielende Singer-Songwriterin erinnern. Dafür hat sie eben „Don`t Run And Hide“ noch einmal eingespielt: Ane Brun, nur vom Piano begleitet. Eben ganz schlicht und klassisch als Piano-Ballade.
Der Fan hat so die Wahl:
Er kann Ane Brun wahlweise als moderne, extravagante, elektrisierte Pop-Elegin oder als klassische Singer-Songwriterin hören und genießen. Oder eben auch im Doppelpack eine innovative Musikerin, die bereit ist, neue Wege zu beschreiten, ohne dabei ihren Ursprung zu vergessen. Ane Brun zeigt mit diesen beiden Alben, dass sie nicht nur wieder da ist. Mit den beiden Alben und dem großem Spektrum, das von ruhigen Klavierballaden über zart-luftige Pop-Hymnen bis hin zu kühnen, elektronischen Arrangements reicht, beweist sie einmal mehr ihre Ausnahmestellung.
Ane Brun beschreibt die Herangehensweise wie folgt:
„On “When I’m Free”, we ended up lingering in post-production doing a lot of cut and paste, adding layers and instrumentation. It was really hard work, and it was worth it. But I wanted to try something else this time, more like “It All Starts With One” (2011), by trying to make the magic happen there and then, live in the studio. We wanted real instruments to somehow play the role of machines, and to create beats that felt programmed but were still played by musicians.“
Obwohl sie die Lieder geschrieben hat, als sie weiß Gott nicht an Corona und die Auswirkungen denken konnte, passen die Lyrics voll in diese Zeit:
„Beide Alben beschäftigen sich mit den größeren Fragen im Leben, aber im Jahr 2020 sind diese Fragen noch bedeutender geworden. Obwohl ich die meisten Songs geschrieben habe, bevor die Pandemie begann, habe ich das Gefühl, dass sie alle eine Botschaft haben, die zu unserer Situation passt: Frustration über den Zustand der Welt, wie man um einen geliebten Menschen trauert, Existentialismus, Liebe, Beziehungen, Einsamkeit, innere Kämpfe, schlaflose Nächte … Ich denke, es geht nur darum, menschlich zu sein.“
Dem ist nichts hinzuzufügen. Mit „After The Great Storm“ und „How Beauty Holds The Hand Of Sorrow“ bringt Ane Brun einmal mehr ein Stück Wärme und Zuneigung in die Wohnzimmer.
Ane Brun: After The Great Storm
How Beauty Holds The Hand Of Sorrow
VÖ: 30.10.2020 / 27.11.2020
Label: Balloon Ranger Recordings
ANE BRUN LIVE 2021:
16.10.2021 – Wien – AT19
19.10.2021 – Offenbach – DE
20.10.2021 – München – DE
21.10.2021 – Zürich – CH
22.10.2021 – Bern – VH
25.10.2021 – Köln – DE
26.10.2021 – Berlin – DE
02.11.2021 – Hamburg – DE
© Christian Behring im Dezember 2020