17. Juli 2025
"Im Visier! Lovis Corinth, die Nationalgalerie und die Aktion „Entartete Kunst"", Alte Nationalgalerie, Berlin, Presserundgang durch die Sonderausstellung (18.07. - 02.11.2025), 16.07.2025

Lovis Corinth – Neue Ausstellung zum 100.

Eine neue Sonderausstellung in der Alten Nationalgalerie beleuchtet das Verhältnis der Kunst von Lovis Corinth zum Nationalsozialismus und zeigt, welche Werke des Künstlers der kruden Kunstauffassung der Nazis zum Opfer fielen und welche nicht.

Vom 18. Juli – 2. November 2025 zeigt die Alte Nationalgalerie in Kooperation mit dem Kupferstichkabinett und dem Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin die Ausstellung Im Visier! Lovis Corinth, die Nationalgalerie und die Aktion „Entartete Kunst“.

Der Grund für die Ausstellung ist ganz einfach: Am 17. Juli 2025 jährt sich der Todestag von Lovis Corinth zum 100. Mal.

Die Ausstellung beleuchtet das Schicksal der Werke des Künstlers und seiner Frau, der Malerin Charlotte Berend-Corinth, die sich in der Sammlung der Nationalgalerie befanden und / oder befinden. Im Fokus der Ausstellung stehen die unterschiedlichen Provenienzen der Bilder. Die Bestände der Nationalgalerie werden ergänzt durch Reproduktionen von Gemälden, die aufgrund der nationalsozialistischen Aktion „Entartete Kunst“ in andere Museen gelangten bzw. vernichtet wurden.

Lovis Corinth (1858–1925) gilt neben Max Liebermann und Max Slevogt als der wichtigste Vertreter des deutschen Impressionismus. Mit über zwanzig teils großformatigen Ölgemälden besitzt die Nationalgalerie einen umfangreichen und bedeutenden Bestand an Werken des Malers.

Die Wege dieser Objekte in die Sammlung der Nationalgalerie sind jedoch häufig von Verlust und teilweiser Rückkehr geprägt:

In der NS-Zeit waren etliche von ihnen 1937 als „entartet“ beschlagnahmt worden. Einige wurden 1939 überraschenderweise zurückgegeben. Andere konnten erst später zurück erworben werden und wieder andere wurden damals verkauft und befinden sich heute in Museen und Privatsammlungen im In- und Ausland. Um diese Verluste auszugleichen, wurden nach 1945 sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der DDR weitere Gemälde von Corinth und seiner Frau Charlotte Berend-Corinth (1880–1967) erworben. Diese Neuerwerbungen werfen weitere Provenienzfragen auf, die in der Ausstellung ebenfalls beleuchtet werden.

Überhaupt kann man sich heute gar nicht mehr erklären, warum die Nazis Werke von Corinth auf die Liste der „entarteten Kunst“ setzten.

Corinth war weder Kommunist noch Jude. Corinths Werk zeichnet sich aus durch zahlreiche Portraits (darunter etliche Selbstbildnisse), Akte, Landschaften und Stillleben sowie christliche Motive. Außerdem war er zum Zeitpunkt der Machtergreifung schon mehrere Jahre tot. Einzige mögliche Erklärungen bilden die Jahreszahl „1910“ (als ausschlaggebender Zeitpunkt) und die Veränderung in Corinths Malstil seit seinem Schlaganfall im Jahr 1911. Das sind allerdings nur Spekulationen. Es gab keine klaren Richtlinien der Nazis. Deshalb kam es durchaus auch vor, dass Werke den Besitzern wieder zurückgegeben wurden. Die Nationalsozialisten versuchten auch erst einmal, die Kunstwerke zu Geld zu machen. Für die Werke, die nach ihrer Meinung unverkäuflich waren, bedeutete dies allerdings die unwiederbringliche Vernichtung. Allein bei der Verbrennung am 20. März 1938 in Berlin-Kreuzberg fielen mehr als 1.000 Werke der Vernichtung zum Opfer. Die Corinth-Werke, die vernichtet wurden oder spurlos verschwanden, sind als Reproduktionen in der Ausstellung zu sehen.

Bis zum 28. September 2025 haben Besucherinnen und Besucher der Ausstellung außerdem die Möglichkeit, Corinths reichem druckgrafischen und zeichnerischen Werk in einem Sonderraum der Ausstellung nachzuspüren:

Die Nationalgalerie sammelte auch Zeichnungen des Künstlers, die 1992 in den Bestand des Kupferstichkabinetts übergingen. Diese Zeichnungen waren zum Teil ebenfalls von der NS-Beschlagnahme-Aktion 1937 betroffen. Bis zu diesem Jahr gelangten außerdem über 300 druckgrafische Blätter in die Sammlung des Kupferstichkabinetts. 28 von ihnen wurden in jenem Jahr als „entartet“ beschlagnahmt. Die Präsentation des Kupferstichkabinetts umfasst zudem drei Werke von Charlotte Berend-Corinth.

Die Provenienzen aller Werke von Lovis Corinth und Charlotte Berend-Corinth im Bestand der Nationalgalerie wurden vom Zentralarchiv über Jahre hinweg und in verschiedenen Projekten intensiv untersucht.

Das Zentralarchiv versteht sich als „historisches Gedächtnis“ der Staatlichen Museen zu Berlin und als Ort der Forschung. Die Provenienzforschung der Museen wird von hier aus geleitet und koordiniert. Dabei bildete die Sammlung der Nationalgalerie von Beginn an einen Schwerpunkt der Forschungen. Die Ergebnisse dieser oft unsichtbaren Forschung zu den Herkunftsgeschichten der Werke von Lovis Corinth und Charlotte Berend-Corinth stehen in dieser Ausstellung im Mittelpunkt. Sie zeigt die verschlungenen Wege der Kunst ins Museum und auch hinaus, und verdeutlicht den wichtigen Beitrag von Provenienzforschung für die Sammlungsgeschichte der Nationalgalerie.

Die Ausstellung wird kuratiert von Dieter Scholz, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Alten Nationalgalerie, Andreas Schalhorn, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kupferstichkabinett, Sven Haase, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Provenienzforschung im Zentralarchiv und Petra Winter, Direktorin des Zentralarchivs der Staatlichen Museen zu Berlin unter Mitarbeit von Stefanie Meisgeier und Ana Nasyrova, wissenschaftliche Volontärinnen, Alte Nationalgalerie.

Die Ausstellung wird ermöglicht durch das Kuratorium Preußischer Kulturbesitz. Die Ausstellung wird gefördert durch die Lovis Corinth Gesellschaft e.V. und die Kunststiftung Christa und Nikolaus Schües.

Museumsinsel Berlin, Alte Nationalgalerie

Am Lustgarten, 10178 Berlin

Öffnungszeiten: Di – So 10 – 18 Uhr

 

Quelle: Alte Nationalgalerie

© Christian Behring im Juli 2025

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